Robert - Franz - Singakademie Halle
21.02.2016
Sonntag, 21. Februar 2016, 18:00 Uhr
Steintor-Varieté
Zur Aufführung kommen im Konzert chorsinfonische Werke der Spätromantik und einzelne a-cappella-Kompositionen von Max Reger, Johannes Brahms und Wilhelm Berger. Als eines der ältesten Varietétheater ist das Steintorvarieté sicherlich ein origineller Ort für dieses Programm - eine Auseinandersetzung um Schicksal und Religion. Zudem lohnen die so gut wie nie gespielten Kompositionen von Wilhelm Berger und auch Regers selten aufgeführtes chorsinfonisches Werk "Die Nonnen", bei denen die Koketterie mit der Bezeichnung als "katholisches Gegenstück zum 100. Psalm" sicherlich vielfältig interpretierbar ist, bestimmt.
Johannes Brahms: "Schicksalslied" für Chor und Orchester op. 54
Wilhelm Berger: "Gesang der Geister über den Wassern" für Chor und Orchester op. 55
Johannes Brahms: "In stiller Nacht" (Aus: Deutsche Volkslieder WoO 34, Nr. 8)
Wilhelm Berger: Drei Gesänge für gemischten Chor op. 103, Nr. 1: "Karfreitag"
Max Reger: "Die Nonnen" für Chor und Orchester op. 112
Max Reger: Geistliche Gesänge op. 138, Nr. 1 "Der Mensch lebt und besteht"
Robert-Franz-Singakademie
LandesJugendChor Thüringen
Staatskapelle Halle
Nikolaus Müller, Dirigent
Großes Kino in Halles Steintorvarieté
Max Regers "Nonnen" anlässlich des Reger-Jahres 2016
Kann man sich einen guten Film ohne Musik vorstellen? Ohne Klänge,
die Spannungen erzeugen - die Bilder im Kopf mit unserer Fantasie und
unserem Erleben verbinden? Dass heutige Filmmusik sich vielfach der
Stilmittel der Musik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts
bedient, ist allgemein bekannt - man wird sofort an Richard Wagners
Opern, Gustav Mahlers Sinfonien oder Richard Strauss' Sinfonische
Dichtungen erinnert. Die sinfonischen Chorstücke dieser Zeit sind
heute allerdings weniger bekannt - damals wurden große Themen
nicht nur in der Oper behandelt. In dieser Zeit mit großen
philharmonischen Chören gesellschaftliche, philosophische oder
religiöse Sujets zu behandeln ist eine Erscheinung, die uns heute diese
Welt vor gut 100 Jahren im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen
führen kann und dabei eine überwältigende Bildwelt evozieren kann.
Ein "Stimmungsbild, wie es noch keines in der Chormusik gegeben
hat", wollte Max Reger mit seinem kantatenartigen Werk "Die
Nonnen" entwerfen. Launig bezeichnet er die Komposition als den
"katholischen Gegenentwurf" zu seinem protestantischen 100. Psalm,
der kurz zuvor für die Universität Jena entstand: Statt Fugen gibt es
Wagnersche Spannungsklänge, statt Choralzitate emphatisch sich
steigernde Motive, anstatt eines monumentalen Orchestersatzes ein
Klanggewebe von impressionistischer Sinnlichkeit. Und wenn die
Nonnen dann "in ihrer Vision den Heiland körperlich zu sehen
vermeinen", müsse ihnen "sicherlich ganz wirr im Kopf" sein. Auch in
Regers Œuvre nimmt diese selten gespielte Komposition einen
Sonderstatus ein und gibt noch einen ganz anders gearteten Blick auf
den Komponisten frei.
Mit dem recht bekannten und sehr eindringlichen "Schicksalslied" von
Johannes Brahms und der klangmalerischen Vertonung von Goethes
"Gesang der Geister über den Wassern" des heute relativ unbekannten
Komponisten Wilhelm Berger stehen noch zwei weitere sinfonische
Chorstücke auf dem Programm. Ihnen gegenübergestellt werden a-
cappella-Werke der drei Komponisten. Neben Regers "Nonnen" sind
vor allem auch die Kompositionen Wilhelm Bergers, der als
Hofkapellmeister Vorgänger von Max Reger in Meiningen war und
stilistisch an Johannes Brahms anknüpft, eine wirkliche Rarität, die in
den Konzertsälen heute nur sehr selten gespielt werden.
Ein Grund mehr, sich das Konzert der Robert-Franz-Singakademie mit
dem Landesjugendchor Thüringen und der Staatskapelle Halle unter
Leitung von Nikolaus Müller nicht entgehen zu lassen. Am 21. Februar
2016 kann man sich in einem der ältesten Varietés Deutschlands von
berauschenden Klängen Bilder in den Kopf zaubern lassen.